Die Fleckenbühler Mühle
Der alte Kaufvertrag von 1880
Kaufvertrag zwischen folgenden Personen 1. dem Mühlenbesitzer Gotthardt Müller und Pauline geb. Kuhler zu Fleckenbühl bei Schönstadt 2. dem Landgräflichen Gutspächter Georg Sander daselbst ist heute folgender Kaufvertrag verabredet und abgeschlossen worden. Die Genannten No. 1 verkaufen an Diegenannten No. II Ihr in den Gemarkungen Schönstadt Bürgeln & Betziesdorf gele- genes Eigenthum,  bestehend a. in Wohnhaus mit Mühleneinrichtung, Mahlmühlen    und Ölmühle, Anbau, Scheune & Stallungen nebst Hofraithe    und Garten b. sowie die Ihnen zustehenden Immobilien, wie   diesselben im Steuerkataster näher bezeichnet sind, nament-   lich aber wie Sie diesselben unterm Pflug gehabt   haben mit Ernthe, dazu eine Wiese von Jakob Sprenger, 1 Acker   von Grün & 1 Acker von Christian Feußner in Bürgel ge-   hören, für den Kaufpreis von dreitausend nuenhun-   dert Thaler, 3900 Thlr., unter nachfolgenden Bedingungen.                                             1.    Das Ablösungskapital von 1200 Thlr übernnimmt der    Käufer mit der besonderen Bedingung, daß Ihm der    Abtrag von circa 300 Thlr zu gute kommt, und geht die    gedachte  Kaufpreissumme nichts an, sondern diesselbe    muß der Käufer an die  Verkäufer bezahlen ohne da-    von zu kürzen.                                            2.    Die Eltern ents. Schwiegereltern der Verkäufer Ludwig    Müller und Christine Sprenger behalten in der Mühle    ihren Einsitz und Käufer verpflichtet sich die nach Über-    gabevertrag vom 26 Septbr 1868 festgesetzten Verpflichtungen    zu übernehmen.                                             3.    Alle Mobilien d.h. Möbel, Betten Schränke pp nebst dem   Ofen in der Wohnstube behalten sich Verkäufer vor   dahingegen wird alles was niet und nagelfest und   einemauert ist, wozu zu rechnen sind Krippen Raufen   Spülsteine pp belassen, auch darf kein zur Mühle gehö-   riges Geräthe veräußert oder entfremdet   werden.
                                     4. Ebenso behalten sich Verkäufer Vieh Schiff und Geschirr, Heu, Grummet, Stroh Holz für sich. Der Mist hingegen welcher jetzt vorhanden und bis zum Abzug gemacht wird gehört dem Käufer.                                      5. Verkäufer behalten sich vor bis Ostern 1872 in der Mühle zu bleiben und die Müllerei zu betreiben, wogegen Sie sich verpflichten, an der Mühleneinrichtung nichts zu schädigen sondern in gutem Stand zu erhalten. Sollten sie jedoch früher abziehen so wird dieses vom Käufer gestattet.                                      6. Verkäufer müssen die Pfandfreiheit zur Genüge der Käufer bewirken und einen reinen Kaufbrief machen, und muß der Käufer wenn solches  geschehen den Kaufpreis an die Ver- käufer zahlen.                                                  7. Außerdem wird noch eine Konventionlstrafe für die Reue von 1000 Thlr., sage eintausend Thaler, festgesetzt welche der reuige Theil dem Andern zu zahlen hat.                                                  8. Wird noch bemerkt, daß die Verkäufer die Kaufbriefkosten nicht allein zahlen, sondern daß der Käufer zu derselben fünf & zwanzig Thaler zuzahlt. (25 Thlr) und den Verkäufer gestattet den Siedekessel für sich zu behalten.   Gelesen genehmigt und von beiden  Theilen unterschrieben. Geschehen, Fleckenbühl am 15 Januar 1872.
Wieviel waren eigentlich 3900 Thaler? Ein Thaler (Thlr) hatte 2 Gulden oder 120 Kreuzer. Mitte der 1880er Jahre war der Bedarf einer Arbeiterfamilie  etwa 150 Thlr. pro Jahr und setzte sich zusammen aus: 90 Thlr. für Nahrung, 12 Thlr. für Wohnung, 15 Thlr. für Brennmaterial, 25 Thlr. für Kleidung und 8 Thlr. für Gerätschaft. Übliche Gehälter/Löhne pro Jahr: Schulmeister 1000 Thlr., Beamte 1250 Thlr., Regierungsbeamte 2500 Thlr., Bergarbeiter 250Thlr., Chemiearbeiter 500 Thlr. Lebensmittel: 1kg Schweinefleisch ½ Thlr., 1kg Butter 70 Kreuzer, 50kg Kartoffeln  110 Kreuzer, 1Liter Bier 12 Kreuzer. 1 Schrank 4 Thlr., 1 Stuhl 1 Thlr., 1 Kleid oder Anzug  ab 4 Thlr., 50kg Kohle 50 Kreuzer
© Michael Dietz März 2017
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